WABI SABI
- Karin Rudin Walker
- 26. Apr. 2019
- 3 Min. Lesezeit
Was bedeutet WABI SABI? Und liegt Schönheit im Auge des Betrachters?
Es gibt Menschen, die erfreuen sich an einer blühenden Blume.
Die Schönheit berührt ihr Herz und vielleicht für einen Moment tauchen sie ein in dieses Gewahrsein von Berührung und Schönheit, es gibt keine Grenze mehr von Blume und Ich und es spielt keine Rolle wo man ist, das Gewahrsein um Schönheit füllt alles aus.
Es gibt Menschen, die sehen die schöne Blumenblüte und werden traurig, ein melancholisches Gefühl entsteht, weil sie in dem Moment realisieren diese Blüte ist vergänglich. Ein Windhauch vielleicht und sie ist nicht mehr da. Sie sehen die Vergänglichkeit dieser zarten Blüte und realisieren, nichts dauert ewig. Sie können sich gar nicht mehr richtig an der Blüte erfreuen, weil sie den Schmerz von Abschied und Loslassen spüren. Weshalb sich an der Blume erfreuen, sie wird bald nicht mehr da sein. Sie leiden, weil sie die Schönheit der Blüte für immer festhalten wollen.
Aus dem Wunsch festhalten zu wollen und Kontrolle zu haben entsteht gerne Perfektion.
WABI SABI ist ein japanisches ästhetisches Konzept der Wahrnehmung von Schönheit.
Es ist eng verbunden mit dem ZEN-Buddhismus und dem Begriff Dukkha, welcher meist als „Leiden“ übersetzt wird. Leiden welches entsteht weil die Natur der Dinge unbeständig ist, unvollkommen und nie abgeschlossen.
Im Buddhismus gilt das Wissen um die Endlichkeit und Vergänglichkeit als eine der edlen Wahrheiten.
Wir leiden, weil wir Vergänglichkeit und Wandel nicht annehmen können.
Die Wortverbindung WABI SABI kann nicht wortwörtlich übersetzt werden. Die Bedeutung hat etwas Unergründliches.
WABI meint in etwa: Sich elend fühlen, Schmerz erleben, den Schmerz, welchen Dinge und Ereignisse in uns auslösen, weil sie vergänglich sind. Die tiefe Melancholie, weil man Vergänglichkeit spürt und deshalb leidet. Das Gefühl sich darin einsam und alleine zu fühlen. Ausgesetzt den Winden der Veränderung.
Wie kann darin Schönheit gesehen werden?
SABI meint in etwa: Über Reife verfügen, Patina aufweisen. Die Reife und Weisheit welche durch Erfahrung entsteht. Durch die vielen Auf und Ab’s im Leben. Nichts bleibt, alles ist vergänglich, die schönen Momente und die schwierigen. Und sie hinterlassen ihre Spuren.
Im Japanischen Konzept sucht man bewusst die Spuren der Vergänglichkeit, des alterns und des unperfekten in den Objekten. Abnützung, einen Riss, eine Kerbe, Patina, Spuren des Gebrauchs und der Witterung. Sie alle weisen auf das Leben und die Vergänglichkeit hin und erinnern uns an die edle Wahrheit des Wandels und das wir nicht leiden müssen wenn wir diese Wahrheit annehmen können.
SABI meint auch die Reife, dies erkennen und annehmen zu können.
WABI SABI deutet also in der Wortkombination auf den Umstand des Leidens wegen der Vergänglichkeit hin und der Möglichkeit durch Reife und Erfahrung, auf eine andere Sichtweise zu kommen, in der Vergänglichkeit nicht schmerzlich sein muss. Wir können in den gealterten und unperfekten Objekten auch dankbar die Zeichen der Zeit und des Vergehens als Weisheit erkennen welche Schönheit beinhaltet.
Auf Design bezogen, meint es die Reduktion auf das Wesentliche und Wertschätzung für was wir haben. Es meint ein Lieblingsstück welches mit uns gealtert ist und mit seiner Patio Spuren des Lebens aufweist. Nicht die perfekt durchgestylte Wohnung zählt sondern zum Beispiel Gegenstände welche aus natürlichen Materialien sind, schlicht, einfach und eine Geschichte erzählen, unsere Geschichte und deshalb eine ganz persönliche Ausstrahlung haben. Innere Werte zählen mehr als äusserer Prunk.
Deshalb liegt Schönheit nicht im Auge des Betrachters, und zum Beispiel dem Urteil, Schönheit ist was perfekt aussieht oder goldig glänzt. Schönheit ist immer schon da und findet Ausdruck im Wandel, in unendlichen Formen und Facetten welche entstehen, uns begleiten, durch das Leben gezeichnet werden und wieder vergehen. In der Vergänglichkeit steckt eine tiefe Wahrheit.
Wer um die Vergänglichkeit weiss, schätzt den Moment und alles um sich und erkennt dankbar die Schönheit darin.
