Wie ich heute unter meinem Pendenzenberg im Atelier fast begraben werde kommt Frau Finderli pfeifend daher und beginnt mit ihrer ganz eigenen ruhigen Art zu putzen.
„ Frau Finderli könnten sie bitte mit dem Pfeifen aufhören, ich kann mich nicht konzentrieren.“
Zudem treibt mich ihre stoische Ruhe fast auf die Palme, denke ich.
„Wie steht es denn um ihren Zufriedenheitsbarometer“, fragt sie mich.
Diese Frage hat mir gerade noch gefehlt. „Sie haben ja keine Ahnung wie komplex so ein Geschäftsaufbau ist, von der Familie daneben ganz zu schweigen. Ich mache das alles doch nur damit endlich alle um mich und ich zufrieden und glücklich sein können.“
„ Sie zäumen das Pferd von hinten auf“ sagt sie mir.
„Was meinen Sie?“ ich bin kurz vor dem explodieren.
„Sie denken sie müssen etwas tun oder wo hin oder etwas anderes haben oder sein damit sie glücklich sind. Sie sind in bester Gesellschaft. Millionen von Menschen machen das so, was uns das Gefühl gibt es muss so sein. Aber Millionen von Menschen sind obwohl sie immer mehr haben und tun nicht glücklicher. Das müsste uns zu denken geben.“
Ich seufze und gebe mich geschlagen. Ich klappe den Laptop zu und frage Frau Finderli: „Und was ist ihrer Meinung nach zu tun?“
„Rastlosigkeit entsteht weil wir die Schönheit der Zufriedenheit, das pure Vergnügen des Nichtstun nicht genießen können“
Dieses Zitat ist aus dem Buch von Ajahn Brahm welches ich heute morgen gelesen habe, es heißt "Öffne die Tür zu deinem Herzen" sagt Frau Finderli, „ich finde das trifft den Nagel auf den Kopf“
„Ja super” sage ich, „das ist unmöglich ich kann nicht NICHTSTUN wer zahlt dann die Rechnungen? Diese Mönche können schön reden, sitzen ja nur den ganzen Tag da, was wollen die auch anderes als zufrieden sein damit.“
„Sie verstehen das Prinzip nicht“ sagt sie mir. „Sie zäumen das Pferd von hinten auf“
„Ja, danke das haben sie bereits erwähnt. Und wie zäume ich es von vorne auf?“
Sie holt tief Luft. „Nicht was sie tun, sondern wie sie es tun, spielt eine Rolle. Sie rennen dem Glück hinterher, aber das Glück ist schon da, nur sie nicht weil sie herum rennen.
Achten sie einen Tag lang darauf WIE sie etwas tun und nicht WAS sie tun.
ACHTEN SIE AUF IHREN ZUFRIEDENHEITSBAROMETER
Wenn sie merken er sinkt oder ist tief, dann lassen sie einen Moment alles stehen und liegen. Bauen Sie Ruheinseln ein. Schließen sie die Augen atmen tief ein und aus und fragen sich, kann ich den Moment hier und jetzt wie er gerade ist, genießen?“
Ich schliesse die Augen und meine Gedanken rasen an mir vorbei. Wie Peitschenschläge eines Kameltreibers reden sie auf mich ein. „Du kannst doch jetzt nicht hier sitzen und nichts tun. Das holst Du nie mehr auf, dein ganzer Zeitplan kommt durch einander. Kein Mensch kann nur hier sitzen und nichts tun, die andern werden denken ich bin faul, ich lande als Penner auf der Parkbank wenn ich so weiter mache.“
„Sie landen im Burnout wenn sie so weiter machen“ redet Frau Finderli in meine Gedanken. Kann sie Gedankenlesen?
„Atmen sie ein und aus und spüren den feinen Atemzug auf der Oberlippe. Stellen Sie sich in der Kopfmitte den blauen, klaren, strahlenden Himmel vor, welcher sich ausbreitet und unendlich weit wird.
Geniessen sie die Weite und Stille und das Nichtstun!
Lernen Sie Yoga, Meditation, Alexander Technik alles was den Geist beruhigt, es gibt so wunderbare Methoden dafür."
„Noch etwas mehr, das ich tun soll, ja bravo das hat mir gerade noch gefehlt, das passt nicht in meinen Zeitplan. Keine Ahnung wo ich das noch unterbringen soll.“
„Nein, nicht etwas mehr tun, das „Hilfreiche“ zuerst tun. Diese Übung können sie im Alltag verteilen. Und nur mal eine Minute machen, das Minuten Glück sozusagen. Dieses mehrmals am Tag.
Im liebevollen Kontakt zu sich selber sein. Sie können dann alles tun, auch herumrennen und hundert Dinge gleichzeitig, so lange sie nicht den ruhigen Geist verlieren, die Zufriedenheit und den Kontakt zu ihrer Urkraft. Sie wollen etwas tun oder haben DAMIT sie glücklich sind. Sie tun die Dinge nicht WEIL sie zutiefst zufrieden sind.
„Ich kann doch nicht immer zufrieden sein, das geht doch nicht.“
„ Nein, das Leben ist ein Auf und Ab, wir alle erleben das. Das Leben ist ein steter Fluss. Nichts bleibt wie es ist. Und alle Menschen haben Angst vor Leid; davor krank zu werden und zu sterben, alt zu werden, jemanden den man liebt zu verlieren, den Job zu verlieren, zu scheitern, sich alleine und ausgeschlossen zu fühlen, nicht anerkannt zu werden ein Leben zu führen und Umstände zu erleben welche man so nicht will.....
Diese Angst vor Leid und der Wunsch glücklich zu sein, verbindet uns alle. Wenn wir das erkennen, können wir auch tiefes Mitgefühl empfinden.
Weil das Gefühl der Angst unangenehm ist, will man es vermeiden. Sucht Dinge und Handlungen welche einem von dem Gefühl weg bringen. Man versucht etwas zu sein oder zu haben dass Anerkennung im Aussen bringt. Ein Gefühl von Sicherheit gibt. Geld, Macht, Besitz. Damit mache ich mein Wohlbefinden von äusseren Bedingungen abhängig. Ich gehe etwas einkaufen, Shoping gibt so ein gutes Gefühl, aber nur kurze Zeit, wenn ich mich an das Gekaufte gewöhnt habe verliert es den Reiz, oder es geht kaputt oder wird mir gestohlen. Also muss ich mehr kaufen, damit das Glücksgefühl wieder kommt. Das Leid geht schon wieder los. Ich zelebriere das Essen, aber nach ein paar Stunden habe ich wieder Hunger. Ich sammle schöne Dinge um mich, versuche mir eine schöne Umgebung zu kreieren. Aber das alles bringt nur relatives Glück, es hält eine gewisse Zeit und vergeht dann wieder. Vielleicht trinke ich Alkohol, nehme Drogen, versuche mich zu berauschen. Aber nichts von all dem bleibt. Die Vergänglichkeit, der Tod ist gewiss, nichts bleibt wie es ist. Wir sind ein Fluss und nicht ein Stein.
Nicht im Außen, in Dingen oder bei Andern das Glück suchen sondern erkennen, was tiefe Zufriedenheit wirklich ist, sie ist im SEIN.
Erkunden und nicht erkämpfen sagt Ajahn Brahm” ergänzt Frau Finderli ihren Vortrag.
„Erkunden Sie die Schönheit im Moment. Erkämpfen sie nicht das Leben. Wenn sie merken sie sind gestresst und nicht zufrieden, machen sie nicht mehr oder suchen etwas anderes.
Machen sie es „anders“
Erkunden sie was ihre wahre Kraft ist und was ihnen Ruhe und Gelassenheit bringt. Erkunden sie wie der Geist funktioniert. Der natürliche Zustand des Geistes ist ruhig und weit. Wie ein stiller See. Das Denken ist wie ein Löffel welcher ins Wasserglas schlägt und alles aufwirbelt. Das Denken ist ein gutes Werkzeug, aber eben nur ein Werkzeug und nicht der Gärtner.
Vereinfachen sie die Form im Alltag. Weniger ist mehr. Wie beim Klavierspielen lernen, erst wenn die einfachen Griffe sitzen zu den nächsten gehen. Wir verkomplizieren unser Leben ständig und verlieren die Ruhe darin.“
Ich habe einen Moment gebraucht bis ich begriff was Frau Finderli meinte. Es geht nicht darum etwas anderes oder mehr zu tun, es geht darum es ANDERS anzugehen. Es gibt Tausend Anweisungen wie man sein Glück erreichen kann, Hygge und Wohlbefinden die stressen manchmal. Weil ich mich manchmal trotz schönem Dekor nicht wohl fühle. Es geht nicht darum sich etwas von Außen anzueignen es geht nur durch eigenes erkunden. Und erkennen was meinen Geist ruhig und weit werden lässt. Im Alltag inne halten, wahrnehmen, den Zufriedenheitsbarometer beobachten, Ruheinseln schaffen. Weniger ist mehr.
Oder wie sagte meine Yogalehrerin so schön: Yoga einmal in der Woche ausser wenn Du viel zu tun hast, dann zwei Mal.
In dem Sinne wünsche ich Dir wie Ajahn Brahm so schön sagt:
Geniesse die Schönheit der Zufriedenheit und das pure Vergnügen des Nichtstun.